Perspektiven auf und gegen Rechts. Ein Podcast

Antifeminismus

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Für diese Folge haben wir mit Peps von der Alice Salomon Hochschule Berlin und Laura von Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. über Antifeminismus gesprochen.

Antifeminismus ist sowohl eine Ideologie und politische Einstellung als auch eine organisierte Bewegung verschiedener Akteur*innen und Netzwerke. Antifeminismus richtet sich gegen feministische, queere und emanzipatorische Bewegungen. Häufig geht Antifeminismus einher mit Hass und (tödlicher) Gewalt. Typisch sind auch verbale Angriffe, die auch häufig online stattfinden. Antifeminismus ist ein altes, aber auch ein sehr aktuelles Phänomen. Schon 1902 beschrieb Hedwig Dohm, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, die antifeministischen Bestrebungen ihrer Zeit, um sich gegen deren Angriffe zu verteidigen. Aber auch in den letzten Jahren haben antifeministische Angriffe zugenommen. Dies liegt an den enormen Erfolgen queerer und feministischer Bewegungen, beispielsweise, wenn es um Rechte oder Sichtbarkeit geht. Aber auch daran, dass Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen aufzeigen konnten, welche Rolle Antifeminismus bei der Vernetzung verschiedener rechter Akteur*innen, wie Konservativen, christlichen Fundamentalist*innen und der extremen Rechten spielt.

Antifeminismus war immer schon Teil extrem-rechter Ideologie. Die Vorstellung, dass die Kleinfamilie mit Vater, Mutter und Kind Grundlage der Nation ist, war und ist für die extreme Rechte zentral. Durch emanzipatorische Entwicklungen und eine zunehmende Vielfalt von Lebensentwürfen, Sexualität und Geschlecht, sehen sich Antifeminist*innen bedroht. Diese vermeintliche Bedrohung des Modells der heteronormativen Kleinfamilie wird gleichgesetzt mit der Bedrohung des „Deutschen Volkes“. Dabei verbinden Antifeminist*innen Queerfeindlichkeit, Sexismus, Hass auf Frauen und LGBTIQ* mit anderen Diskriminierungsformen wie Rassismus und Antisemitismus sowie mit Verschwörungserzählungen. Antifeminismus spielte bei vielen rechtsterroristischen Taten der letzten Jahre eine Rolle. So unter anderem bei den Attentaten in Halle, Hanau und München.

Gemeinsam mit Peps und Laura haben wir zurückgeschaut auf Entwicklungen und Zuspitzungen antifeministischer Bewegungen. Wir haben über die extreme Rechte und christliche Fundamentalist*innen und das Recht auf Schwangerschaftsbruch gesprochen. Wie Peps uns berichtet, sind Angriffe auf Wissenschaftler*innen und Hochschulen durch Antifeminist*innen nicht selten. Und auch Incels (involuntary celibate) und die Alternative für Deutschland (AfD) sind Teil einer Bewegung, die sich gegen die Auspluralisierung von Sexualität und Geschlecht einsetzt.

Wir haben aber auch nach vorne geschaut und über Gegenstrategien und bereits existierende Projekte gesprochen. Laura und Peps haben betont wie wichtig es ist, aufzuklären, Menschen für das Thema zu sensibilisieren und Betroffene zu unterstützen. Wenn wir nach vorne schauen, sehen wir dass wir dazugelernt und unsere Analysen geschärft haben. Peps weist auch darauf hin, dass das Selbstbestimmungsgesetz aktuelle und zukünftige Thema für Antifeminist*innen ist. Es braucht innerhalb des Feminismus eine Auseinandersetzung rund um Trans-Feindlichkeit, um gemeinsam Antifeminismus zu bekämpfen.

Die beiden haben uns noch von ihrer Arbeit und anderen tollen Projekten berichtet. Das Netzwerk „Feministische Perspektiven & Interventionen gegen die (extreme) Rechte“ beschäftigt sich aus einer feministischen Perspektive mit Geschlecht und der (extremen und religiösen) Rechten.

Das Projekt „Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen“ hat das Ziel, die Gefahren und antidemokratischen Dynamiken von Antifeminismus sichtbar zu machen und ihnen entgegenzuwirken. Die Fachstelle mobirex macht Bildungsarbeit zur extremen Rechten und Antifeminismus in Baden-Württemberg. Das Projekt „Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken“ sensibilisiert für die demokratiegefährdenden Auswirkungen von antifeministischen Denkweisen, Ideologien und Verhaltensweisen. Hier findet ihr mehr Informationen, Materialien und weiterführenden links.

Nach vorne schauen heißt aber auch, dass wir noch genauer hinschauen müssen, zum Beispiel auf die Verzahnung von Diskriminierungsformen. Dabei sind solidarische Bündnisse enorm wichtig. Genauso wie sich einzumischen und aktiv zu werden.

Projekte

  • Hier findet ihr die Homepage von Dissens und hier den Podcast „Alles für alle“ findet ihr hier.
  • Zur Meldestelle Antifeminismus geht es hier.
  • Die Homepage der Alice Salomon Hochschule Berlin findet ihr hier.

Verweise

  • Der sogenannte „Marsch für das Leben“ ist eine Demonstration in Berlin, die jährlich von christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen organisiert und von vielen Rechten besucht wird. Hier könnt ihr mehr über den sogenannten „Marsch für das Leben“ erfahren.
  • Hier könnte ihr einen klugen Text darüber lesen, was Antifeminismus ist.
  • Das Buch von Hedwig Dohm heißt „Die Antifeministen“ und erschien 1902. Hier gibt es einen Artikel über sie. https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/akteurinnen/hedwig-dohm
  • Das Buch „Antifeminismus in Bewegung – Aktuelle Debatten um Geschlecht und sexuelle Vielfalt“ haben Juliane Lang und Ulrich Peters herausgegeben. Hier findet es hier.
  • Annika Brockschmidt hat das Buch Amerikas Gotteskrieger. Wie die Religiöse Rechte die Demokratie gefährdet geschrieben. Ihr findet es hier. Hier gibt es die Aufzeichnung einer Veranstaltung mit ihr.
  • Den spannenden Podcast „Kreuz und Flagge“ von Annika Brockschmidt finde ihr hier.
  • Am 9. Oktober 2019 ermordete ein Rechtsterrorist Jana L. und Kevin Schwarze in Halle. Er hatte versucht an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, schwer bewaffnet in eine Synagoge einzudringen und die dort Versammelten zu töten. In der Synagoge befanden sich zum Tatzeitpunkt 51 Menschen. Aufgrund einer abgeschlossenen Tür gelang es dem Täter nicht, die Synagoge zu betreten. Auf seiner Flucht versuchte er, weitere Menschen zu töten. Seine Motivation war antisemitisch, rassistisch und misogyn. Hier könnt ihr unsere Folge mit Esther hören, die ein Buch zum Attentat in Halle herausgegeben hat. …
  • Hier findet ihr einen Aufruf der Soligruppe 9. Oktober zum vierten Jahrestag des Anschlags.
  • Am 19. Februar 2020 ermordete ein Rechtsterrorist 9 Menschen aus rassistischem Motiv in Hanau. Ihre Namen sind: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Hier könnt ihr unser Gespräch mit Newroz von der „Initiative 19. Februar Hanau“ hören.
  • Hier geht es zu Homepage der Initiative 19. Februar Hanau.
  • Am 22. Juli 2016 ermordete ein Rechtsterrorist Sevda Dag, Chousein Daitzik, Selcuk Kilic, Guiliano Josef Kollmann, Can Leyla, Janos Roberto Rafael, Armela Segashi, Sabine Sulaj und Dijamant Zabergja in München aus rassistischen Motiven. Lest hier mehr über die Erinnerungsarbeit in München.
  • Hier findet ihr eine tolle Broschüre zum Thema Selbstbestimmungsgesetz.